Die Politik rettet wieder einmal die Welt, diesmal mit einem Rentenpaket, das ungefähr so stabil ist wie ein Kartenhaus im Windkanal. Man nennt das Ganze „Generationenvertrag“, was mich irritiert, denn ein Vertrag setzt normalerweise voraus, dass beide Seiten zustimmen. Hier läuft es eher nach dem Motto: Die Jungen zahlen, die Alten nicken, und die Politik verteilt Versprechen wie ein Dealer Gratisproben.
Die große Neuigkeit: Das Rentenniveau von 48 Prozent wird politisch einbetoniert. Nicht, weil die Realität das hergibt, sondern weil es im Wahlkampf so unfassbar kuschelig klingt. Ein Fixwert für ein System, das von Demografie, Wirtschaftswachstum und politischer Laune abhängt. Ein bisschen so, als würde man einem Fahrradfahrer versprechen, er kippt garantiert nie um, egal, ob er schläft, rückwärts fährt oder jemand den Reifen klaut.
Natürlich kostet das alles Geld, aber da hat die Bundesregierung einen genial einfachen Trick gefunden: Man nimmt es einfach von denen, die geboren wurden, ohne sich dagegen wehren zu können. Beitragssätze hoch, Steuern hoch, Bundeszuschuss hoch. Ein Dreisprung der kreativen Buchführung. Und wenn’s immer noch nicht reicht, wird eben ein staatlicher Kapitalstock aufgebaut, finanziert mit Schulden. Das ist ungefähr so smart wie der Versuch, ein brennendes Haus mit Benzin zu löschen, in der Hoffnung, dass die Flammen wenigstens schöner aussehen.
Dann noch ein paar Süßigkeiten für einzelne Gruppen: Mütterrente hoch, Aktivrente flexibler, alles klingt sozial, warm und menschlich. Das System selbst macht das aber nur noch teurer und fragiler. Jeder zusätzliche Rentenpunkt heute ist ein Tritt gegen die Knie zukünftiger Generationen. Das ifo-Institut hat vorgerechnet, dass die Jüngeren sowieso schon mehr einzahlen als sie jemals herausbekommen werden, aber wer hört schon auf Mathematik, wenn man Wahlumfragen befragen kann?
Aus meiner Sicht ist das alles ein Musterbeispiel dafür, wie man ein System absichtlich brüchig konstruiert. Ein fragiles, hochkomplexes Rentenregime, in dem niemand ernsthaft Skin in the Game hat. Die Entscheider beziehen großzügige Pensionen außerhalb dieses Systems, die Gewinner des Modells wählen verlässlich, und die Verlierer sind noch zu jung, um überhaupt zu verstehen, was da für sie aufläuft. Asymmetrie Deluxe. Die Upside gehört den Alten, das Tail-Risiko den Jungen. Klassischer Cantillon-Effekt, aber mit Behördenstempel.
Und dann diese Garantien. Garantien! In einer Welt, in der keiner weiß, wie Wirtschaft, Politik oder Bevölkerungsstruktur in fünf Jahren aussehen. Man stabilisiert die Rente, indem man sie vollständig von der Realität abkoppelt. Ein Flugzeug stürzt ja auch nicht ab, wenn man dem Piloten gesetzlich vorschreibt, dass die Flughöhe „mindestens 3.000 Meter“ betragen muss. Problem gelöst, Naturgesetze überstimmt.
Ich kann nur den Kopf schütteln, einen Espresso nehmen und fragen, warum man ausgerechnet das wichtigste Versorgungssystem eines Landes so baut, dass ein mittelgroßer Schock reicht, um alles einzureißen. Ein antifragiles System würde sich mit jedem Stress stärken. Das deutsche Rentensystem dagegen verhält sich bei Stress wie ein Porzellanpferd: hübsch anzusehen, völlig nutzlos und bei der kleinsten Erschütterung Geschichte.
Das neue Rentenpaket ändert daran nichts. Es klebt bunte Pflaster auf einen gebrochenen Oberschenkel und nennt das Fortschritt. Die Politik verkauft es als Sicherheit, aber eigentlich ist es eine hochsubventionierte Volksillusion. Und je früher man versteht, dass dieses System nicht für die Zukunft gebaut wurde, sondern für den aktuellen Stimmzettel, desto klarer wird auch, warum echte, eigene Vorsorge nicht Luxus ist, sondern Überlebensstrategie.
Aber gut. Hauptsache, die 48 Prozent bleiben. Bis 2031. Oder bis zum nächsten Schock. Oder bis das Kartenhaus endlich macht, was Kartenhäuser immer tun.