„In diesem Alter gehört kein Gold ins Depot.“
Und schon da beginnt das Problem: Die Autorin diskutiert Altersklassen, als würde der Markt Rücksicht auf biologische Uhrwerke nehmen.
Sie schreibt weiter:
„Legen Sie 10.000 Euro in einen Aktien-ETF an, werden daraus bei 7 Prozent Rendite rund 76.000 Euro. Dieselben 10.000 Euro in Gold? Nur etwa 24.000 Euro bei 3 Prozent Wertsteigerung.“
Das ist Mittelwertästhetik in Reinform. Eine hübsche Rechenstory, deren einzige Annahme lautet: Die Welt bleibt brav, vorhersehbar und moderat. Taleb würde sagen: Genau so entsteht Fragilität.
Der Artikel argumentiert mit Lebensphasen:
„Mit 30 Jahren haben Sie noch Jahrzehnte Zeit und können Börsenschwankungen aussitzen… Mit 60 Jahren sieht die Rechnung anders aus.“
Diese Logik funktioniert nur, wenn der Markt wie ein höflicher Butler agiert und seinen Crash, den Anfang und das Ende, rechtzeitig ankündigt. Er tut das nie. Die Volatilität der Welt hat kein Terminbuch.
Die Experten-Faustregel im Artikel lautet:
„Je älter, desto höher der Sicherheitsbaustein… Gold zwischen 5 und 15 Prozent.“
Hier liegt der blinde Fleck: Sicherheit ist nicht altersabhängig, sondern systemabhängig. Gold schützt nicht, weil du 60 bist, sondern weil Extreme universell sind. Der schwarze Schwan fragt nicht nach deinem Lebenslauf.
Besonders interessant wird es bei den „typischen Fehlern“:
„Als junger Mensch zu früh auf Sicherheit setzen… Wer mit 25 Jahren Gold hortet statt zu investieren, verschenkt Jahrzehnte Zinseszins.“
Zinseszins existiert nur, wenn das System überlebt. Genau dieser Punkt fehlt komplett. Ein einziger Extremverlust pulverisiert drei Jahrzehnte Rechenmodelle. Gold verhindert Ruin, es ersetzt nicht Wachstum. Das ist der Unterschied zwischen Überleben und Optimierung.
Der Artikel nennt Gold korrekt „eine Versicherung gegen Krisen“.
Doch bewertet diese Versicherung dann nach Rendite.
Ein Kategorienfehler.
Die entscheidende Frage ist nicht: „Bist du 25 oder 65?“
Sondern: „Bist du bereit anzuerkennen, dass die Welt nicht linear ist?“
Gold ist kein Altersprodukt.
Gold ist ein Misstrauensvotum gegenüber einer Zukunft, die sich nicht an Wahrscheinlichkeiten hält.