Ich komme eigentlich aus der Musik. Aus diesen langen Nächten, in denen man vergisst, was Wochentag ist, weil der Bass die Uhr ersetzt. habe Beats gebaut, aufgelegt, geschraubt, immer unterwegs zwischen Clubs, Studios und Freunden, die alle auf ihre Weise denselben Rausch suchten. Ich mochte das Chaos, den Rhythmus, das ständige Werden und Vergehen. Aber irgendwann war mein Kopf einfach zu laut. Zu viele Ideen, zu viele Frequenzen, zu wenig Boden. Ich hatte das Gefühl, dass ich zwar alles hörte, aber nichts mehr wirklich fühlte.
Vor der Musik war das Kochen da. Ich hatte in Küchen gearbeitet, in Südamerika, Asien und Frankreich, auf der Suche nach Geschmack und Kultur. Ich wollte wissen, wie Menschen mit Feuer umgehen, wie sie essen, wie sie leben. Ich mochte dieses Gefühl, wenn aus einfachen Zutaten etwas Ganzes entsteht, das Menschen verbindet. Das Reisen war mein Lehrer. Es hat mir gezeigt, dass überall auf der Welt dieselben Prinzipien gelten: Geduld, Balance und Liebe zum Detail.
Dann kam Cannabis dazu. Ich hatte nach einer schweren Tuberkulose viel Kraft verloren, und die Pflanze half mir, wieder zu atmen, wieder zu essen, wieder zu schlafen. Sie wurde Teil meines Alltags, nicht als Flucht, sondern als Verbindung. Ich wollte sie richtig anbauen – lebendig, ohne Chemie, ohne Stress. Ich fing an, meine eigenen Living-Soil-Mischungen zu bauen, experimentierte mit Mikroben, Mykorrhiza und Fermenten. Ich wollte nicht einfach Pflanzen füttern, sondern den Boden verstehen, der sie trägt.
Als ich später wieder in Deutschland war, zog ich mich mehr zurück. Ich arbeitete eine Zeit lang in der Bio- und Superfood-Branche, füllte Pulver ab, mischte Formeln, las Studien über Nährstoffe und Pflanzenstoffe. Es war spannend, aber irgendwann merkte ich, dass das, was ich da in Gläser füllte, eigentlich nur der Versuch war, das zu ersetzen, was ein gesunder Boden von selbst hervorbringt. Ich wollte dahin, wo das alles herkommt – zum Ursprung.
Dann zog ich in eine alte Mühle am Waldrand. Kein Einsiedlerleben, keine Einsamkeit – einfach ein Ort mit Ruhe, Internet und genug Platz, um Dinge auszuprobieren. Ich hatte Katzen, Werkzeuge, einen kleinen Garten. Und Zeit. Ich begann, mich mit Erde zu beschäftigen, ganz einfach, ohne Ziel. Ich wollte wissen, warum manche Böden leben und andere nicht. Ich mischte Kompost, roch an Wurmhaufen, machte Fermente. Es war das erste Mal seit Jahren, dass ich mich wieder wirklich konzentrieren konnte.
Ich hab ADHS, und die Arbeit mit der Erde war das Einzige, was mich je so ruhig gemacht hat. Keine Musik, kein Job, kein Mensch hat das geschafft. Es war wie eine natürliche Form von Meditation – Hände tief in der Erde, Kopf still.
Mit der Zeit wurde das Ganze größer. Ich lernte andere Grower kennen, tauschte Erde, Wissen, Samen und Geschichten. Ich war wieder unterwegs – diesmal auf Messen, Cups, in Gärten, überall in Europa. Spanien, Portugal, Holland – Orte, an denen Menschen dieselbe Leidenschaft teilten. Ich gewann ein paar Cups, was schön war, aber nicht das Ziel. Mir ging’s nie ums Gewinnen, sondern ums Verstehen.
Heute ist „Soil Goodman“ einfach mein Name für das, was daraus geworden ist. Es ist kein Label, keine Marke – eher eine Art Lebensweise. Ich bastle, probiere, beobachte, vergesse Dinge, lerne wieder neu. Ich mache Fehler, aber der Boden verzeiht. Er zeigt einem einfach, was fehlt, und gibt zurück, wenn man gut mit ihm umgeht.
Ich sehe mich nicht als Lehrer oder Profi. Ich bin einfach jemand, der neugierig geblieben ist.Ich wollte wissen, wie Leben funktioniert – und hab’s im Boden gefunden.
Ich bin Soil Goodman. Und das hier ist nicht das Ende einer Geschichte, sondern der Anfang einer, die immer weiter wächst.