Du kennst doch bestimmt solche Aussagen wie:
„Nach vorne springen ist absolut falsch“ oder „When the arms bend, the power ends.“
Schau dir dazu mal den neuesten Weltrekord von Karlos Nassar an:
Nach „offiziellem“ Gewichtheber-Standard macht er eine Menge falsch, oder?
Würde ein Anfänger so heben, würde er von den meisten Coaches ordentlich auseinandergenommen werden.
Aber fällt dir was auf? Der Lift war ein neuer Weltrekord!
Das bedeutet: Es hat noch nie jemand dieses Gewicht bewegt – und er macht das mit „falscher“ Technik?
Lasst uns versuchen, einen anderen Blickwinkel einzunehmen!
Lasst uns mehr in Prinzipien und weniger in Absoluten denken.
Beispiel BVDG (Gewichtheben Deutschland):
Vor vielen Jahren habe ich dort in einer Fortbildung gelernt, dass die Schulter beim Snatch GENAU 8 cm vor der Hantelsein muss.
Das gilt so für JEDEN, egal ob langer Oberkörper, kurze Beine oder lange Arme mit langen Beinen.
Du erfüllst das Ideal also nur, wenn es exakt 8 cm sind – alles andere wurde als technisch falsch betitelt und musste korrigiert werden.
Meiner Meinung nach absoluter Bullshit…!
Schauen wir uns 10 verschiedene Menschen an, sehen wir 10 verschiedene Körpertypen.
Außerdem sehen wir 10 unterschiedliche Kombinationen aus Beweglichkeit, Kraft, Stabilität und Koordination.
Glauben wir wirklich, dass jeder dieser 10 Menschen den exakt gleichen technischen Stil umsetzen kann?
Unlogisch, oder?
Was also tun, um ein besseres, anwendbareres System zu generieren?
Lasst uns anfangen, in Prinzipien zu denken, anstatt in absoluten Regeln!
Anstelle von „Schulter muss 8 cm über der Hantel sein“, können wir denken:
➡️ „Die Schulter sollte sehr wahrscheinlich vor der Hantel sein.“
Anstelle von „Die Arme müssen im Zug immer gestreckt bleiben“, können wir sagen:
➡️ „Die Arme sollten nicht aktiv versuchen, die Hantel zu ziehen, sondern dienen nur der Kraftübertragung.“
Gegenargument:
Was wäre, wenn er seine Technik auf den „richtigen“ Standard korrigieren würde?
Würde er dann vielleicht sogar noch mehr heben?
Diese Frage kommt im Bezug auf das Thema „optimale Technik“ immer wieder.
Am liebsten beantworte ich sie mit einer Gegenfrage:
Wäre er mit der „richtigen“ Technik vielleicht verletzt oder hätte Schmerzen?
Hätte er überhaupt so lange in der Sportart durchgehalten?
Oder hätte er vielleicht aufgehört, weil der mentale Stress zu groß gewesen wäre, um eine Technik zu erlernen, die sich für ihn nicht richtig anfühlt?
„Was wäre wenn“-Fragen sind immer extrem schwer zu beantworten, da wir nie einen direkten Vergleich ziehen können.
Ich bin der Meinung: Jeder Mensch und jeder Körper muss SEINEN individuellen Weg finden, eine Bewegung (oder Aufgabe) zu meistern und zu lösen.
Diese Lösung wird von Mensch zu Mensch immer etwas anders aussehen – und das ist vollkommen normal!
Wenn du mehr über das Thema freies Bewegungslernen erfahren willst, kann ich dir das Buch empfehlen:
📘 How We Learn to Move: A Revolution in the Way We Coach & Practice Sports Skills von Rob Gray.