In einer Welt voller Experten, Berater und selbsternannter Moralapostel geht ein Prinzip immer mehr verloren: Eigenes Risiko. Nassim Nicholas Taleb nennt es Skin in the Game – die „Haut im Spiel“. Es ist die einfachste, aber auch härteste Regel für Moral, Vertrauen und Authentizität.
Jeder redet heute von Verantwortung. Politiker reden von Verantwortung, Banker reden von Verantwortung, Influencer sowieso. Doch die meisten meinen damit nur das Reden über Verantwortung, nicht das Tragen von Konsequenzen. Sie profitieren, wenn ihre Ideen oder Produkte funktionieren, aber sie verlieren nichts, wenn sie scheitern. Das ist für Taleb – und ehrlich gesagt auch für jeden gesunden Menschenverstand – ein Zeichen von moralischer Korruption.
Ein echter Unternehmer kennt dieses Gefühl: Wenn du dein eigenes Geld, deinen eigenen Ruf, deine eigene Zeit riskierst, ist dein Denken automatisch schärfer, ehrlicher, fokussierter. Du triffst Entscheidungen mit Gewicht, weil du den Preis kennst. Das unterscheidet den Praktiker vom Theoretiker. Der eine lebt in der Realität, der andere in Excel.
Talebs Ethik ist brutal einfach:
„Wer handelt, ohne selbst zu verlieren, handelt unmoralisch.“
Das klingt radikal, ist aber das Fundament einer funktionierenden Gesellschaft. Systeme, in denen jeder sein eigenes Risiko trägt – wie Familienbetriebe, Handwerksfirmen oder Unternehmernetzwerke – sind stabil. Systeme, in denen Verantwortung anonymisiert wird – Konzerne, Politik, Bürokratien – verfallen.
„Skin in the Game“ ist mehr als ein ökonomisches Prinzip. Es ist eine Lebensphilosophie. Sie zwingt dich, authentisch zu sein. Sie entlarvt Blender, weil sie ein unbestechliches Kriterium hat: Was hast du selbst riskiert?
In meinen Coachings und Gesprächen sehe ich es täglich: Die Menschen, die langfristig erfolgreich sind, sind nicht die Lautesten, sondern die Konsequenzfestesten. Sie wissen, dass echtes Wachstum immer mit Schmerz, Verlust und Unsicherheit verbunden ist – aber sie gehen trotzdem voran.
Wer keine Haut im Spiel hat, hat keine Seele im Spiel.
Also, bevor du dem nächsten Experten, Politiker oder Finanzberater zuhörst, stell dir nur eine Frage:
Was hat er selbst zu verlieren?
Wenn die Antwort „nichts“ lautet, ist auch sein Rat nichts wert.