Der goldene Herbst des Giganten: Wie Mercks Wunderwaffe die Zeit besiegt
Der goldene Herbst des Giganten: Wie Mercks Wunderwaffe die Zeit besiegt
In den gläsernen Türmen der Wall Street und den sterilen Laboren von New Jersey herrschte lange Zeit eine fast greifbare Ambivalenz, wenn der Name Merck fiel. Man blickte auf einen Giganten, der auf einem einzigen, gewaltigen Fundament ruhte: Keytruda.
Dieses Medikament ist längst mehr als nur eine chemische Formel; es ist eine ökonomische Naturgewalt, die beinahe die Hälfte der Konzernumsätze in ihre Bücher saugt. Doch über jedem Imperium schwebt die Angst vor dem Endspiel, dem Jahr 2028, wenn der Patentschutz fällt und die Tore für die Konkurrenz geöffnet werden. Genau in diesem Moment der strategischen Anspannung gelang dem Pharmariesen nun ein Befreiungsschlag, der beweist, dass der alte Löwe noch lange nicht bereit ist, sein Revier kampflos aufzugeben.
Die Entscheidung der US-Arzneimittelbehörde FDA, die Kombination aus Keytruda und Padcev für eine besonders vulnerable Patientengruppe zuzulassen, gleicht einem medizinischen Paukenschlag. Es geht um Menschen mit muskelinvasivem Blasenkrebs, deren Körper zu schwach für die brutale Standard-Chemotherapie mit Cisplatin sind. Für diese Patienten gab es bisher oft nur das Skalpell und die Hoffnung. Doch die Daten der Phase-3-Studie, die dieser Zulassung zugrunde liegen, lesen sich wie ein Märchen in der sonst so nüchternen Onkologie: Eine Reduktion des Risikos für ein ereignisfreies Überleben um satte 60 Prozent im Vergleich zur reinen Operation. Das ist keine statistische Randnotiz, das ist ein Erdrutschsieg, der die Standardbehandlung in den Kliniken über Nacht neu definiert.
Für die Aktionäre ist diese Nachricht pures Gold, denn sie offenbart die geniale Strategie des Managements.
Anstatt nur auf neue Moleküle zu warten, schiebt Merck seinen Blockbuster immer tiefer in die frühen Phasen der Krebsbehandlung vor. Der Schritt in das sogenannte perioperative Umfeld – also die Behandlung rund um die Operation herum – öffnet die Schleusen zu einem Markt, der weit beständiger ist als die Behandlung von Endstadien. Es ist der Versuch, das Medikament so tief in die klinische Routine zu verwurzeln, dass es selbst nach Ablauf der Patente unersetzbar scheint. Der Umsatzmotor, der allein im letzten Jahr fast 30 Milliarden Dollar generierte, bekommt neuen Treibstoff, genau als die Kritiker begannen, den Tankstand zu prüfen.
Dennoch bleibt bei allem Jubel ein Hauch von Schwindelgefühl. Die Abhängigkeit von diesem einen Produkt wird durch den neuerlichen Triumph nicht kleiner, sondern größer.
Merck wettet alles auf eine Karte, und diese Karte sticht immer wieder. Die Allianz mit den Partnern Astellas und Pfizer bei Padcev zeigt zudem, dass man bereit ist, den Ruhm zu teilen, um die Marktmacht zu sichern. Es ist ein Tanz auf dem Hochseil: Auf der einen Seite die astronomischen Gewinne und die klinische Dominanz, auf der anderen Seite das unerbittliche Ticken der Uhr bis zum Patentablauf. Die Investoren feiern heute die Gewissheit, dass der Cashflow noch Jahre sprudeln wird, doch im Hintergrund lauert die Frage nach dem „Danach“.
Ist dieser spektakuläre Erfolg der Beweis für Mercks unerschöpfliche Innovationskraft, oder erleben wir lediglich das letzte, blendende Aufbäumen eines Monopols, bevor der unvermeidliche Absturz in die Realität des generischen Wettbewerbs folgt?
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Michael Lietz
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